Das Leben ist eine bewegende Nachricht (zit.: Blanca Varela)
Die Installation ist eine Hommage an die republikanischen Frauen im Widerstand während des Spanischen Bürgerkriegs und der ersten Jahre des Franquismus.
Es gibt 10 Lautsprecher - 4 für die elektroakustische Musik und 6 für die Interviews. Die elektroakustische Musik ist eine vierkanalige Raumkomposition, die an der Technischen Universität Berlin entwickelt wurde. In den vier Ecken des Raumes befindet sich ein Lautsprecher, und die Klänge der elektroakustischen Komposition bewegen sich durch den Raum.
Die elektroakustischen vierkanalige Raumkomposition basiert auf analogen Querflöten- und Stimmklängen, die mit Hilfe des Computers (ProTools) mit Plug-ins, Schnitten, Montagen oder Schichtungen manipuliert werden, so dass nur an einigen Stellen der Ursprung der Klänge erkennbar ist.
Teil dieser Installation sind sechs Interviews, die die Historikerin Fernanda Romeu Alfaro 1988-90 durchgeführt hat.
In diesen Originalzeugnissen erzählen die Frauen von ihrer Geschichte: von ihrem Widerstand gegen die Diktatur, den Verfolgungen, den Verhaftungen und ihrer Zeit im Gefängnis. Die sechs Lautsprecher für die Interviews sind an den Wänden des Raumes in Kopfhöhe angebracht. Die Lautstärke ist so gering, dass die Zuhörer*innen nahe an die Lautsprecher herantreten müssen, um die Worte zu verstehen. Die Interviews sind unterschiedlich lang - zwischen 7 und 30 Minuten - und werden kontinuierlich wiederholt.
Carmen Camaño:
"Ich bin Carmen Camaño, ich bin jetzt ziemlich alt, denn ich wurde 1909 geboren.... Als der Krieg ausbrach, begann ich im Ministerium für öffentliche Bildung zu arbeiten... Von Valencia aus wurde ich, da ich damals verheiratet war, der Bibliothek des Instituts von Alicante zugeteilt, und in der Bibliothek bewarb ich mich für die Partei. Damals war Guardiola Sekretär der Provinz, und ich wurde als Leiterin des Frauensekretariats eingesetzt... Der Krieg war zu Ende, und wir fuhren nach Alicante, weil wir dachten, dass wir von dort aus mit dem Schiff abreisen würden, aber ich war schwanger, und als wir in Alicante ankamen, fuhr das Schiff am Tag nach meiner Entbindung ab. Und ich konnte nicht an Bord gehen, weil ich sehr starke Blutungen hatte... Und dann haben sie mich, meinen Mann und das Kind verhaftet... Und in Alicante haben sie uns direkt ins Gefängnis gesteckt... ja, mein Sohn war fünf Tage alt, als wir ins Gefängnis kamen, und er kam raus, als ich ein Jahr alt war. Denn nach einem Jahr sagten sie, dass wir ihn nicht mehr stillen müssten, und sie nahmen ihn heraus. Ich nahm ihn mit und einige Freunde nahmen ihn an... und diese Freunde behielten ihn, bis wir aus dem Gefängnis kamen und er zurückkam, um mit uns zu leben."
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Einige Zitate aus den Interviews
Demetria Medina Santos: "Ich wurde in Ventas bei Peña Aguilera geboren, im Jahr 24. Mein Vater war Jäger, Mäher und Köhler. Ich half ihm bei allem, was er tat, beim Mähen oder bei der Vorbereitung des Holzkohleofens... Ich bin nie zur Schule gegangen, weil ich arbeiten musste, um essen zu können... Die Familie meines Vaters war größtenteils links, alle, man könnte sagen, alle... Nun, es stellte sich heraus, dass die Falangisten kamen, und zwischen den Dorfbewohnern und den Falangisten kann man sich diejenigen vorstellen, die inhaftiert wurden: Sie schlugen sie, sie zogen ihnen die Haare aus, und meine Mutter ging, um ihr Blut aufzuwischen. ...sie hielten uns eine ganze Woche oder länger mit Glatze im Dorf fest. Jeden Tag gingen wir eine Stunde oder eine Stunde und ein bisschen im Dorf herum...Was passierte, war, dass wir Angst hatten, ins Dorf hinunterzugehen, weil man natürlich mit Glatze und wenn man hinunterging...ich war sehr jung. Ich muss 15 gewesen sein oder auf dem Weg zu 16".
Toñita Garcia:
"Ich habe an der ersten Frauenorganisation teilgenommen.... In Madrid, auf dem Ostfriedhof... Sie organisierten sich am Ostfriedhofs, wo wir hingingen, die Frauen gingen hin, um zu sehen, ob sie ihre Ehemänner getötet hatten, um sie zu finden. Um 11 Uhr morgens durfte man also die Mauern betreten, und dort sah man die Frauen, die ihre Kinder oder ihre Ehemänner oder ihre Väter erkannten. Ich sagte: Wir müssen etwas tun, wir müssen uns organisieren, wir müssen uns gegenseitig helfen und die Hilfe wirksam machen... denn es war eine Notwendigkeit, wir hatten kein Geld, wir hatten kein Essen und die Kinder hatten keine Kleidung und wir wurden auch beobachtet und sie suchten nach uns... Es war also keine geschriebene Sache der Frauenorganisation, aber es war die erste Gruppe, die sich auf dem Frauenfriedhof organisierte".
Facultad de Las Bellas Artes Cuenca, Präsentation des Buches El Silencia Roto - Mujeres contra el franquismo von Fernanda Romeu, El Viejo Topo, 2002
Musikalische Avantgarde
Ebba Rohweder hat diese musikalische Installation “Deseos, Piedras, Cielo a Jirones” (Wünsche, Steine, Himmel in Fetzen) ,basierend auf dem Werk von Romeu, komponiert, indem sie die modernsten elektronischen Techniken benutzt. Teil der Installation bilden 6 von Romeu gemachte Interviews, die simultan und kontinuierlich mit herzzerreißenden und bewegenden Klängen von 10 Lautsprechern (im Saal auf Ohrenhöhe der Besucher angebracht) ausgestrahlt werden. Die Basis der elektronischen Musik sind analoge Querflöten- und Stimmklänge, die Rohweder mit Hilfe des Computers derart bearbeitet hat, dass in einigen Momenten die Herkunft der Klänge wiederzuerkennen ist.
Das Werk wurde 2001 am LIEM-CDMC in Madrid aufgenommen und die Mischung des Raumklang 2002 in der Universität Berlin |
Sábado 8 de Marzo de 2003
Fernanda Romeu: “Die Musik und das Buch gehen mittels desselben Gefühls sehr eng zusammen.”
Die angesehene Historikerin präsentierte das Buch “Silencio Roto” (Gebrochene Stille) innerhalb der Veranstaltungen der Universität von Cuenca in der Fakultät Bellas Artes anlässlich der Feier zum Internationalen Frauentag.
Die deutsche Komponistin Ebba Rohweder stellte das musikalische Werk vor, das auf den Interviews basiert, die Fernanda Romeu in den letzten 20 Jahren aufgenommen hat.
“Ich habe die letzten 20 Jahre der Forschung über den antifranquistischen Widerstand von Frauen gewidmet, um damit das historische Gedächtnis dieser Periode wiederzuentdecken, um die Rolle der Frau einzufordern, die der Generation der ganz jungen bekannt sein sollte,” sagt Fernanda Romeu während der Präsentation ihres Buches “El Silencio Roto” (Die Gebrochene Stille) in Cuenca.
Die Historikerin, Spezialistin der franquistischen Epoche, wurde begleitet von der deutschen Komponistin Ebba Rohweder, die ein Konzert ihres musikalischen elektroakustischen Werkes darbot, welches auf der Lektüre des Buches von Romeu basiert.
“Unser Treffen war nicht zufällig,” sagte Fernanda Romeu in Bezug auf die deutsche Komponistin, “obwohl sie von weit her kommt; seit sie mein Werk kennt, interessierte sie sich für die Vision, die ich über die unterdrückten und verschwiegenen Frauen durch die Diktatur anbot. Es stimmte überein, dass Ebba auch über dieselbe Angelegenheit arbeitet, in der Angelegenheit des Konzentrationslager Ravensbrück, und von daher kommt unsere Zusammenarbeit und der gemeinsame Einsatz in beiden Arbeiten. Über mein Buch “Silencio Roto” hat Ebba ein Werk, oder besser gesagt, eine avantgardistische musikalische Installation komponiert mit dem Titel “Deseos, Piedras, Cielo a Jirones” (Wünsche, Steine, Himmel in Fetzen), in der ihre Gefühle gestaltet sind, nachdem sie mein Buch gelesen hatte.”
Fernanda Romeu erklärt das Warum des Titels ihres Buches, argumentierend , dass “Silencio Roto ein heftiges Klopfen, eine Aufruf an die Gesellschaft ist, damit sie das Leiden der Frau versteht, nicht allein in den Konzentrationslagern und der anschließenden Repression- obwohl das das Anfangsmotiv war- sondern der wahrhaftig herzzerreißende Schrei der Frau als menschliches Wesen, die schon immer doppelt hatte kämpfen müssen als der Mann, um gehört zu werden. Es sind Zeugnisse von Personen, die schreckliche Situationen erlebten. Ich versuchte, der Anekdote zu entfliehen, versuchte, mehr den soziologischen Aspekt der vorhergehenden Repression zu vertiefen - verschwiegen und schrecklich - als die punktuelle und schmerzhafte Tatsache der Misshandlung und Quälerei in den Gefangenenlagern.”
Die von Romeu gesammelten Lebenszeugnisse stammen von Frauen, die in den Konzentrationslager litten, nicht nur in der unmittelbaren Periode, die dem Guerra Civil folgte, sondern auch in den nachfolgenden Jahren.
“Es ging nicht darum, bedeutende Personen mit Ämtern oder Politischer Bedeutung zu nehmen,” sagt Romeu weiter, “sondern anonyme Personen, die etwas schlimmeres als die Tortur erlitten, was nämlich die Repression und die Stille war, nicht nur für sie selbst als Gefangene, sondern für die, welche eingesperrt blieben. Sie kämpften im Untergrund und litten durch die doppelte Kondition als menschliches Wesen und als Frau.”
Am Ende kommentiert Romeu, dass das Buch versucht, nicht den Haß oder die Vergeltung hervorzuholen: “Genau im Gegenteil, es ging mir darum, den Frauen im weitesten Sinne die Notwendigkeit bewusst zu machen, dass wir damit weitermachen müssen, unseren Raum als menschliche Wesen wie auch als Frauen einzufordern. In diesen Zeugnissen geben sie uns ein Beispiel an Mut, Wert und Würde. Dies war die Absicht des Buches, und wenn jemand sich identifiziert fühlt mit ihm, macht es mich zufrieden,” sagt sie abschließend.
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